Vom gemeinen Alpensalamander und anderen Abenteuern

Waltenberger Haus

Im letzten Jahr hat es mich seit über 15 Jahren zum ersten Mal wieder in die Berge verschlagen – im Adlerhorst der eng an den Felsen geschmiegten Tegernseer Hütte hatte ich wieder Feuer gefangen. Die Fortsetzung lag nun nah, denn schließlich waren wir gestern schon in der Gegend.

Von Lindau rüber ins Allgäu, in ein kleines abgeschiedenes Tal, dessen Endpunkt bezeichnenderweise Einödsbach heißt, ist es ein Katzensprung. Kaum drei Stunden und ca. 1.000 Höhenmeter später stehen wir nach einem wirklich steilen Aufstieg mit einigen heiklen Passagen schweißgebadet auf 2.085 Meter Höhe in einer Hütte, wie es sie wohl auch im Allgäu nur noch selten gibt. Das Waltenberger Haus steht seit 1885 dort oben in der Einsamkeit. Nicht mal einen Versorgungslift gibt es. Die Vorräte werden Anfang der Saison mit einem Hubschrauber hoch geflogen. Der Nachschub gelangt danach nur noch zu Fuß mittels fleißiger Träger nach oben.

Der Hüttenchef „Mandi“ ermahnt zu sparsamen Umgang mit Wasser und Strom. Licht gibt es wegen nur halbgefüllter Solarbatterien nur im gemütlichen Gastraum – und eine Notbeleuchtung auf dem Klo. Das Wasser bleibt kalt, selbstverständlich. Und geschlafen wird fein aneinandergereiht im Lager unterm Dach. Wer Glück hat, ergattert eines der Doppelstockbetten im Sechs-Bett-Zimmer.

„Mandi“ zaubert dennoch ein hervorragendes Steinpilzrisotto. Auch ein kühles Radler hält er bereit – nur die Eier für den Kaiserschmarrn, die hatten heute ihren Weg nicht hinauf zur Hütte gefunden. Um 20:00 gibt es dann den Wetterbericht – live und in Farbe. Mandi tritt mit tiefer Stimme vor die versammelten Bergwanderer und erklärt, wo man am nächsten Tag unbesorgt hingehen kann, und wo einem das Wetter einen Strich durch die Rechnung machen wird. Zum Schluß der Hinweis, dass um 22:00 Hüttenruh ist und der Ausschank daher um 21:30 endet.

Draußen tummeln sich die Steinböcke. Und auf den Steinen rekeln sich die Alpensalamander. Eine unglaubliche Idylle, wie im Bilderbuch. Und nach dem Luxus der letzten Nacht in Lindau („Wie bitte? Kein Lachs zum Frühstück?“) zelebriert die kleine Wanderergemeinde hier die Einfachheit. So könnte ich gut noch ein paar Tage aushalten.

Reisetip: Will man dort in den Sommermonaten übernachten, so empfiehlt sich eine Reservierung. Moderne Kommunikationsmittel gibt es selbstverständlich nicht. Einzige Möglichkeit: Man schreibe einen Brief postlagernd nach Einödsbach (!) und lege einen frankierten Rückumschlag bei. Ein paar Tage später erhält man vom Hüttenwirt die handgeschrieben Antwort – und für den Fall, dass eine Matratze frei ist, übersende man dann 10 Euro Anzahlung. Natürlich ebenfalls per Briefpost – versteht sich.

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