Two Percent Jazz and 98 Percent Funky Stuff!

„Der Punkt ist das Entscheidende!“ sagt der Mann neben mir und zeigt auf einen blau-weiß-roten Punkt auf seinem T-Shirt. Ich verstehe nicht wirklich was er will. Aber er scheint sich mächtig zu freuen. Und relativ schnell stellt sich heraus: Er ist aus dem selben Grund an dieser Stelle wie ich, vor der Bühne des Quasimodo. „Vor 15 Jahren war ich auch hier“, sagt er, „und da hatte mein T-Shirt auch so einen Punkt“. Aha. Immerhin ist es nicht das gleiche T-Shirt, noch mit der original Duftnote. Wäre aber auch egal, denn der Schweiß fließt schon in Strömen, bevor Maceo auch nur eine Note gespielt hat.

Damals, vor 15 Jahren, gastierte Maceo Parker mit seinen „Horny Horns“ im Quasimodo. Mit „Roots Revisited“ war er auf der Suche nach den Wurzeln, und trug den Soul zum Jazz. Viel zu ruhig nach dem Geschmack vieler Besucher damals, und Maceo wußte es auch. Wir sollten damals alle dennoch nicht enttäuscht werden. Über drei Stunden später stand fest, dass dies sicher eines der besten Konzerte war, das ich erlebt habe. Radio Fritz zeichnete damals das Konzert auf und ich saß wenige Tage später wie gebannt vor meinem Kassettenrecorder (ja, sowas gab es damals, und es war der einizige Weg, etwas aus dem Radio aufzunehmen!) um eine BASF C90 Kassette mit „funky stuff“ zu füllen. „Shake everything you´ve got“ dröhnte noch Monate später aus den Lautsprechern.

Ich habe Maceo Parker danach noch öfters gesehen, in eher zu großen Veranstaltungsorten wie dem Tempodrom mit Candy Dulfer und dem unvergesslichen Eddie Harris („Eddie Who?“) oder in München in der Muffathalle. Die großen Hallen liegen ihm nicht. Seine CDs haben mich auch nie wirklich vom Hocker gerissen. Der Mann gehört in einen kleinen, zu heißen Club, den er zum Kochen bringen kann.

Ich hatte mir daher immer gewünscht, ihn wieder einmal intim im Quasimodo zu erleben. Der Wunsch wurde heute erfüllt. Und wie es immer so ist mit Wunschträumen – gehen sie in Erfüllung, ist die Gefahr, enttäuscht zu werden groß. Vermutlich lag es eher an mir, an meinen zu großen Erwartungen. Denn der Saal kochte wie eh und je. Und Maceos Band, wenn auch schon lange ohne die beiden Legenden Pee Wee Ellis und Fred Wesley, spielte vom ersten Moment an „funky stuff“, der direkt auf die Lendengegend zielte.

Aber irgendwas war nicht wie damals. Und das war vermutlich ich.


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