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Die Gattin will ein e-Bike. Schon lange. Der Gatte stemmte sich bisher erfolgreich dagegen. Ich habe noch Muskeln, ich brauche keine Batterie, so meine Ansage. 

Dieses Jahr sollte sich das ändern. Nicht nur, dass wir den elektrischen Smart abgeschafft haben. Nein, wir wollten auch mehr lokal unterwegs sein, auf zwei statt auf vier Rädern, langsam reisen, CO2 optimal. Meine Forelle Müllerin ist zwar ein schickes Stadtrad, aber größere Sommerausflüge in die Umgebung macht die Forelle nicht so gerne. Dünne Reifen, rudimentäre Schaltung mit drehzahlabhängigem Zweiganggetriebe. Nicht so tauglich für die Brandenburger Streusand-Wege. Ein temporäres Ausflugsrad musste her in diesem Sommer. Also auf zu Swapfiets. Swapfiets sind die Räder mit dem genialen Mietmodell und dem blauen Vorderrad als Markenzeichen. Und dort gibt es, sieh an, sieh an, auch e-Bikes zu mieten. Also doch mal elektrisch Radeln? 80 Euro im Monat und zack ist man ohne große Investition mit Rückenwind unterwegs.

Erster Eindruck: Elektrisch unterstützt durch das Berliner Umland zu radeln ist einfach genial. Es geht natürlich nicht darum, sich weniger anstrengen zu müssen, sondern der Effekt ist: man scheut keine Entfernung mehr. So leicht überbrückt man lange Strecken, radelt entweder ohne Unterstützung einfach so von Ort zu Ort, oder gleitet halt mit elektrischem Schub dahin. Auch in Berlin fällt die Entscheidung plötzlich viel leichter, statt ins Auto aufs Fahrrad zu steigen.

Zwischenfazit: auch der Gatte findet nun Gefallen an dieser Art der Fortbewegung. 

Aber es wird auch schnell klar, was die Showstopper sind. Der wichtigste Grund ist 30 kg schwer. Die Swapfiets haben ordentlich Wumms und eine dicke Batterie, aber sie wiegen eben auch eine Menge. Wenn man dann auch abwechselnd mit der S-Bahn oder U-Bahn unterwegs ist, merkt man bei der durchschnittlich sehr hohen Ausfallquote von Fahrstühlen in Bahnhöfen, dass man dieses Gewicht nicht so leicht Treppen rauf und runter schleppt. 30 kg sind zumindest für die Gattin ein absolutes No Go.

Damit begann dann die ernsthafte Beschäftigung mit dem Produktkauf. Leicht soll es sein, schön soll es sein. Spontan verliebte ich mich in Vigour der Amsterdamer Roetz-Bikes:

Der Zehus-Motor inklusive Akku sitzt auf der Hinterrad-Nabe, reicht für 50 bis 70 km, kann durch Rekuperation Energie zurückgewinnen (wie unser Tesla, finden wir natürlich klasse). Das Rad wird nachhaltig produziert und sieht verdammt gut aus – aber man kauft es blind. Nachteil: Kein Händler hier in Berlin oder in weiterer Umgebung. Und: nur Single Speed, ein Nachteil, der sich für mich erst aus der Fahrt über hügeliges Land ergab. Im Stadtverkehr hätte ich das vermutlich nicht vermisst.

Ein weiterer Favorit stammt auch aus Amsterdam, das Veloretti Ace:

Neben dem tollen Design (ja, keine StVZO konforme Beleuchtung, aber hey, es sieht gut aus!) hat das Veloretti eine Reihe schöner technischer Features wie GPS und eine wirklich genial integrierte minimalistische Navigationsunterstützung sowie eine Automatik-Schaltung von enviolo. Das klang super, hörte sich auch in diversen YouTube Test großartig an. Leider aber auch hier der Nachteil:  lokal nicht zu testen, man bestellt es im Netz. Oder fährt, genau wie für das Roetz Bike, nach Amsterdam und testet es dort.

Für beide Favoriten galt zudem: die Beschaffung via Jobrad funktioniert nicht, da Hersteller/Händler dort gelistet sein müssen. Und das Leasing mit Gehaltsumwandlung ist tatsächlich eine sehr charmante und kostensparende Variante, ein Fahrrad in sein Leben zu integrieren. Wer das einmal durchrechnet und vielleicht sogar plant, mit ca. 18% Restwert das Rad nach drei Jahren zu übernehmen, kommt schnell vom Kauf ab.

Die suche nach den heimischen Varianten begann dann mit Joko Winterscheids Sushi Bike (quasi das neue Volkspedelec, 1000 Euro, leider nicht so hübsch) über das natürlich immer gern genannte Vanmoof mit seinem markigen Design bis zum wirklich sehr hübschen, zwar auch holländischen, aber immerhin bei deutschen Händlern zu beziehenden Watt.

Das Ehepaar Kluge verliebt sich kurzzeitig in ein das Montreal, überlegt zur Probefahrt nach München zu reisen – aber Single Speed hielt uns dann doch von schnellem Kauf ab.

Und wie das so ist, wenn man immer weiter sucht, immer wählerischer wird, dazu das Leasing-Modell einem auch kostspielige Entscheidungen verzeiht, dann landet man dann plötzlich in Sphären, die man vorher eigentlich nicht im Blick hatte. 

Schindelhauer ist eine Marke, deren Räder im 25hours Hotels an der Wand hängen und dort auch geliehen werden können und auch sonst einen sehr coolen Eindruck machen. Ein Berliner Team, das wirklich schöne Produkte mit hoher Qualität produziert. Und nach kurzem Blickkontakt mit Emil war klar, dass die Gattin  nichts  weniger als das will. 70 bis 110 km Unterstützung durch einen Mahle-Hinterradantrieb, eine geniale pinion Schaltung, gerade mal 18 kg schwer – und das wichtigste: ein echter Hingucker.

 

Und der Gatte? Er hat sich sofort verliebt in Arthur.

Arthur ist das bessere Vigour und kommt mit den gleichen Features daher wie Emil. Das Ende vom Lied: wir haben uns heute entschlossen, Emil und Arthur zu leasen. Drei Jahre modernstes Fahrvergnügen, CO2 optimierte urbane Fortbewegung mit einem ästhetisch anspruchsvollen Erscheinungsbild. Einziger Wermutstropfen: Die wachsende Nachfrage nach Fahrrädern verbunden mit den Lieferschwierigkeiten diverser fernöstlicher Teilelieferanten sorgt für Lieferzeiten, die zum Teil im Juni 2022 liegen. Man ist gut beraten, heute Fahrräder für das nächste Jahr zu bestellen. 


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