Manchmal gibt es schon merkwürdige Zufälle. Durch Zufall steht man vor einem alten Filmplakat. „In weiter Ferne, so nah!“ – die wunderbare aber auch umstrittene Fortsetzung von „Der Himmel über Berlin„. Und dann beginnt das Gehirn zu arbeiten, und man erinnert sich an die Bilder, die sich ziemlich tief irgendwo ins Hinterstübchen eingegraben haben. Und die doch immer noch präsent sind. Der damals für mich sehr beeindruckende Flug der Kamera über das ICC, die Stadtautobahn hinein in eines der Fenster in der Brandwand der gegenüberliegenden Häuser. Ich muß noch heute, wenn ich die Autobahn zum Flughafen nehme oder über die Kantstrasse am ICC fahre, an dieser Stelle immer wieder an den „Himmel über Berlin“ denken.
Otto Sander und Bruno Ganz haben sich fest als Damiel und Cassiel einen Platz in meinen Berliner Vor-Wende-Erinnerungen erobert. Und die Schwere von Handtkes Texten liegt am Ende meiner filmischen Erinnerungen immer noch bleiern über der nicht enden wollenden Liebesszene im Alten Kaisersaal im alten Hotel Esplanade. „Jetzt küss sie doch endlich!“ will man Damiel ständig zurufen.
Dass all dies jetzt 20 Jahre her ist, war mir nicht bewußt. Denn just zwei Tage nachdem ich den „Himmel über Berlin“ eigentlich nur zum Auffrischen der Erinnerung sehen wollte, vermeldet der Tagesspiegel das Jubiläum. Und der Film läuft nochmal im Kino an.
Wenn man 20 Jahre später einen Film wie diesen nochmal sieht, dann bemerkt man erst die verklärende Wirkung der Einnerungen. Viele Dinge habe ich ganz anders wahrgenommen, die Texte waren nicht mehr so schwer wie ich sie damals empfunden habe, der Flug der Kamera nicht mehr so beeindruckend wie ich ihn in Erinnerung hatte. Die Hauptdarsteller waren in meinen Erinnerungen in den 20 Jahren mit mir gealtert, und ich war ganz überrascht von den jungen Herren Sander und Ganz. Die Geschichte ist nach wie vor wunderbar erzählt, und das Remake „Stadt der Engel“, dass ich auch vor Jahren im Kino sah, kann nicht annähernd diesen Zauber versprühen.
Nebenbei war es aber auch ein besonderes Erlebnis, nochmal dieses Berlin vor dem Mauerfall zu sehen. Die Straßen, die Clubs, die Ruinen und Baulücken, die leere Wüste des Potsdamer Platzes – und durch Zufall dann festzustellen: Cassiel stand genau dort, wo ich jeden Tag heute aus dem Fenster schaue – wenn ich denn mal im Büro bin. Er stand neben dem geflügelten Rad auf dem Dach der ehemaligen Reichsbahndirektion in der Schöneberger Straße, während unten die Dame des halbseidenen Gewerbes vor dem Eingang zum U-Bahnhof Gleisdreieck auf und ab schreitet und Cassiel ihren Gedanken folgt. Und dort, wo ich meinen Wagen parke, holt der gute alte Curt Bois seinen Oldtimer aus der nicht mehr existierenden Garagen unter den Hochbahn-Gleisen. Bewegend.
Prädikat: Ein himmlisches Vergnügen.
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