Es geht um die Wurst

Frisch von einer längeren Reise zurück öffne ich fröhlich pfeifend einen der vielen Papierpost-Eingänge der letzten zwei Wochen, und ziemlich erstaunt sehe ich dieses Schreiben von Copytrack, einem Dienstleister, der Fotografen beim Eintreiben von Lizenzgebühren hilft, wenn ihre Bilder unrechtmäßig im Netz Verwendung finden.

Gutes Anliegen, denkt man so. Aber offenbar wird daraus gerade ein Geschäftsmodell. Der beklagte Post stammt in meinem Fall aus dem Jahr 2005, ich war bei Anke Gröner über diese schöne Stück Wurst auf dem Boden gestolpert, hatte den Shop auch verlinkt – aber deren eigenes Bild verwendet. Ohne Nachzufragen, ich ging damals davon aus, dass die Betreiber das ok finden.

Jetzt also Copytrack im Nacken, 220 Euro Strafe oder 250,49 Euro Lizenzgebühren für weitere Verwendung für ein Jahr. Eine gewisse WENN Rights International Ltd. sei der Rechteinhaber, eine Agentur, die anscheinend mit Bildern von Celebrities ihr Geld verdient (und offenbar gehackt wurde, wie man auf ihrer Seite sieht).

Das Schreiben ist mit dem 15.07.2022 datiert, trifft hier papierhaft und nicht, wie im Schreiben mit „versendet als e-Mail“ behauptet , ein – die Frist für eine Antwort endet sieben Tage später, am 22.07.2022. Gerade im Sommer kann es ja schon passieren, dass man mal eine Woche nicht den Briefkasten leert. Und genau so war es hier. Daher war etwas Druck im Kessel, ich musste handeln.

Der erste Einspruch meinerseits auf deutsch an das hier in Berlin ansässige Unternehmen mit deutschem Geschäftsführer wird mit Standard-Text auf englisch abgelehnt. Parallel bei Anke nachgefragt: Ihr Post ist noch online, mit dem gleichen Bild, aber bei ihr ist Copytrack noch nicht aufgeschlagen. Sie deaktiviert den Post, ich auch.

Googelt man nach Copytrack Fällen, dann findet man tatsächlich jeder Menge Posts, die aber zumindest auf den ersten Blick vermuten lassen, dass Copytrack nicht unbedingt ein betrügerisches Unternehmen ist und man den Request durchaus ernst nehmen muss – am besten gleich mit Rechtsbeistand abstimmen. Man kann sich offenbar trefflich um die Höhe des Schadens bzw. der angenommenen Lizenzbeträge streiten, das zugrundeliegende Berechnungs-Modell wird angezweifelt, aber am grundsätzlichen Vorgehen gab es beim ersten Blick wenig auszusetzen.

Ab diesem Punkt würde man wegen der Höhe des Betrags – ja, 220 Euro sind kein Pappenstil, aber mit Anwalt und dem ganzen nervenden Drumherum wird das alles viel schlimmer – vermutlich gerne einfach zahlen und seine Ruhe haben. So vermutlich auch das Kalkül.

Ich entscheide mich, beim Betreiber von http://www.wurstteppich.de, der Agentur Flachbild nachzufragen. Antwort: Es sind schon mehrere mit diesem Thema bei Flachbild aufgeschlagen. Die Agentur hat Copytrack oder WENN nicht beauftragt und man wolle sich zeitnah an Copytrack wenden, um das auszuräumen.

Erkenntnis: Copytrack kann gar nicht im Sinne des Rechteinhabers handeln. Denn der weiß gar nichts von seiner Vertretung.

Dann also erneute Kontaktaufnahme von mir mit Copytrack, auf englisch diesmal, schärferer Ton meinerseits inkl. Drohung, dass ich einen Anwalt einschalte – und siehe da, die Antwort folgt am nächsten Tag: Copytrack legt den Fall ad acta.

Daher: Wenn Copytrack Euch kontaktiert, versucht erstmal den eigentlichen Rechteinhaber zu finden.

Und natürlich besser noch: Leiht Euch nie irgendwo auch nur ein Bild aus, selbst mit besten Absichten nicht.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert