Digitalisierung in der Schule? Finger in die Ohren.

Wenn es nicht alles so traurig wäre. Eigentlich habe ich schon vor den Bildungs-Skeptikern der alten Schule resigniert. Ich. Kann. Es. Nicht. Mehr. Hören. Weltuntergang Digitalisierung, schaut Euch nur die Jugend an, liest kein Buch mehr, starrt nur noch auf Bildschirme, hat keine sozialen Kontakte mehr, #undsoweiterundsofort. Dass das, was die verzogene Brut da den ganzen Tag tut, Lesen, Schreiben, Kommunikation, ja sogar Zusammenarbeit, und – oh Schreck- sogar LERNEN ist, das kann nur verstehen, wer auch teilhat an dieser Entwicklung. Wie soll ich einem Digitalabstinenzler Twitter erklären? Oder Snapchat? Hoffnungslos, wenn man es nicht selber wenigstens mal ausprobiert.

Seit meinem letzten Rant zu den Äußerungen des großen Hirn- und Entwicklungsforscher Dr. Manfred Spitzner, dem Kronzeugen der Digitalisierungs-Gegner auf jedem Elternabend und in jeder Talkshow, ist einige Zeit vergangen.

Nun mischen sich in den letzten Tagen im Zuge der Digitalisierungsdiskussion in deutschen Schulen hochkompetente Menschen wie Josef Kraus ein, 67 Jahre alt, pensionierter Schulleiter, und offenbar Sprecher der deutschen Lehrerschaft. Und diese Ansichten lassen einem die Haare zu Berge stehen als Vater zweier Jugendlicher. Das hoch renommierte altsprachliche Gymnasium ist nicht im Ansatz in der Lage, den Jugendlichen die neuen Medien und ihre intelligente Nutzung nahe zu bringen. Die Lehrer rücken heute noch mit Overhead-Projektoren an und halten das repetitive Wiedergeben von Zahlen, Daten, Fakten für eine Kernkompetenz. Die Hochrüstung mit Smartboards, die fast keiner der Lehrer sinnvoll in seinen Unterricht einzubringen gelernt hat, hat nichts, aber auch gar nichts mit den Herausforderungen der digitalen Transformation zu tun.

Ich empfehle daher ausdrücklich die Lektüre dieses Spiegel Artikels „Nicht hören. Nicht sehen. Nicht digitalisieren.„:

Wer nicht versteht, wie Software funktioniert, wer den ersten Google-Treffer prinzipiell für die richtige Antwort hält, wer nur noch „Call of Duty“ und gar nicht mehr Fußball spielt, für den hat die Digitalisierung vermutlich mittelfristig tatsächlich negative Auswirkungen. Wer ihr aber begegnen möchte, in dem er die Zeigefinger fest in beide Ohren steckt und laut „lalalalala“ ruft, den wird sie überrollen und zurücklassen.

Ich habe dazu schon vor einigen Jahren mal was ins böse Netz getippt. Mein Appell an die Eltern und Lehrer frei nach Holm Friebe:

Trotz allen Unbehagens in den Tretmühlen des Fortschritts sollten wir Älteren uns davor hüten, uns das wärmende Wams des Kulturpessimismus überzustreifen.

Macht Euch vertraut mit den Dingen, die da draußen in diesem Interdings passieren. Setzt Euch neben die Jugend, schaut zu, was sie tun. Versucht, zu verstehen. Die nächste Generation ist gerade dabei, mit digitalen Mitteln eine neue Welt zu erschaffen. Ob wir es wollen oder nicht.

-> „Nicht hören. Nicht sehen. Nicht digitalisieren.


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